Download VHD Journal #7

LIEBE MITGLIEDER DES VERBANDES,

sind wir als Historikerinnen und Historiker in den aktuellen Debatten um gesellschaftliche Zusammenhänge und die Zukunft der Demokratie gefragt? Was kann die historische Perspektive zu den aktuellen Streitfragen beitragen? Der wissenschaftliche Impetus einer abwägenden Haltung sine studio et ira verträgt sich nicht so leicht mit öffentlichen Debatten, in denen in der Regel ein eindeutiger Standpunkt gefragt ist. Aber ist es dennoch wichtig, sich zu Wort zu melden, nicht zuletzt unter dem Eindruck der zunehmenden Instrumentalisierung allzu einfacher Geschichtsbilder? Diesen Fragen widmet sich unsere neue Ausgabe des VHD Journals. Dabei stehen nicht nur die Geschichtswissenschaften in Deutschland und der deutschsprachigen Schweiz im Fokus, die sich angesichts rechtspopulistischer Strömungen zunehmend mit diesen Fragen auseinandersetzen müssen, sondern wir lenken den Blick ebenso auf die Geschichtspolitik in Polen, Ungarn und den nordafrikanischen Ländern.

Die Frage nach dem Beitrag von Historikern und Historikerinnen für unsere Gesellschaft und die gegenwärtigen Problemlagen ist auch für den 52. Deutschen Historikertag 2018 in Münster zentral, der unter dem Motto »Gespaltene Gesellschaften« steht. Zahllose politische und soziale Zerreißproben stellen uns heute vor erhebliche neue Herausforderungen. In globaler Perspektive sind tiefe, fast unüberwindlich erscheinende Spaltungen der Gesellschaften vielleicht sogar eher als die Regel als die Ausnahme. Zunehmend geraten die Grundlagen der modernen Gesellschaft und des Zusammenlebens auf den Prüfstand. Die langen und oftmals mühsamen Prozesse, in denen immer neue Herausforderungen – wie heute die Globalisierung oder der digitale Wandel – bewältigt werden mussten, begleiten die Menschheitsgeschichte seit den Anfängen. Sie haben auf der anderen Seite nicht selten den Anstoß für produktive Neuansätze geboten. Die historische Perspektive vermag deshalb viel zu den aktuellen Debatten beizutragen, vom Umgang mit Geflüchteten und Migranten und Migrantinnen, die soziale, ökonomische und rechtliche Ausgrenzung von Bevölkerungsgruppen bis hin zu tief greifenden gesellschaftlichen Umbrüchen, die ein Medienwandel befördert. Ohne das Wissen um diese Prozesse müssten wir immer wieder »von vorn anfangen«. Die unmittelbaren und längerfristigen Auswirkungen der verschiedenen Bewältigungsmuster sind deshalb ein wichtiger Erfahrungsraum, den wir uns heute bei aktuellen Problemen zunutze machen können. Dieses Journal wird einen kleinen Ausblick auf den Historikertag geben und Ihnen unser Partnerland, die Niederlande, näher vorstellen.

Ich freue mich sehr, Sie im September in Münster zu begrüßen!

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und lade Sie herzlich dazu ein, auf unserem Blog mitzudiskutieren https://blog.historikerverband.de

Ihre Eva Schlotheuber
Vorsitzende des VHD