Motto und Partnerland des 53. Deutschen Historikertages stehen fest

30. April 2019

In der Zeit vom 8. bis 11. September 2020 findet an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München der 53. Deutsche Historikertag statt. 125 Jahre nach seiner Gründung kehrt der Historikerverband (VHD) damit zum Ort des ersten Historikertages 1893 zurück. Das Partnerland des 53. Historikertages ist Israel. Der Kongress steht unter dem Motto „Deutungskämpfe“.

Deutungskämpfe begleiten historische Entwicklungen und dynamisieren ihre gesellschaftliche Wahrnehmung. Was in einer Gesellschaft als wahr, gerecht oder legitim gilt, ist stets umkämpft. Der Blick auf Ursachen oder Auswirkungen von Kriegen und Friedensschlüssen, von Staatsgründungen oder den Zerfall von Gemeinwesen, auf soziale, wirtschaftliche oder kulturelle Umwälzungen führen zu Deutungskämpfen, die oft durch aktuelle Problemlagen beeinflusst sind. Über konkurrierende Deutungen der Vergangenheit wird nicht zuletzt die Zukunft verhandelt. Deutungskämpfe sind deshalb ein wichtiger Motor für eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Diese kann sowohl integrative als auch spaltende Kraft besitzen, wie sich derzeit beim Umgang vieler ost(mittel)europäischer Staaten mit ihrer Geschichte zeigt.

Zeitgenössische Deutungskämpfe sind für Historikerinnen und Historiker wichtige Quellen für einander widersprechende oder sich gegenseitig befruchtende Ordnungsvorstellungen, Positionen und Wissenspraktiken. Die Geschichtswissenschaft kann die Entwicklung und Verflechtung derartiger Diskurse offenlegen und damit ein tiefergehendes Verständnis für die Komplexität der Gegenwart und konkurrierende Perspektiven ermöglichen. Deutungskämpfe führen deshalb nicht zuletzt zur Reflexion der Grundlagen historischer Erkenntnis. Die Beschäftigung mit methodischen Zugängen ist heute angesichts sich dynamisch ändernder globaler Rahmenbedingungen, etwa des beschleunigten medialen Wandels und der Einschränkung von Forschungsfreiheit, zwingend erforderlich. Vielleicht ist die Auseinandersetzung mit Deutungskämpfen angesichts politisierter Angriffe auf wissenschaftliche Forschungsergebnisse heute notwendiger denn je, um politische und gesellschaftliche Denk- und Handlungszusammenhänge sichtbar zu machen.

Das Partnerland des 53. Deutschen Historikertages, Israel, steht wie wenige andere Länder im Zentrum existentieller historischer und politischer Deutungskämpfe. Israels vielschichtige Geschichte, seine bis weit in die Antike zurückreichende komplexe multiethnische Gesellschaft, seine besondere geopolitische Lage und seine Einbindung in die europäische und nahöstliche Kultur machen es zu einem Partnerland, das für alle Epochen zahllose Anknüpfungspunkte bietet. Hinzu kommen – gerade für die Geschichtswissenschaft – die besonderen deutsch-israelischen Beziehungen, die sich nicht zuletzt auch aus der deutschen Verantwortung für den Holocaust ergeben. Die Frage nach der Verantwortung stellt sich besonders in München, wo der Aufstieg Hitlers begann. Wenngleich die jüdische Kultur durch den Nationalsozialismus zunächst fast vollständig zum Erliegen kam, existiert in München heute eine der größten jüdischen Gemeinden Deutschlands.

Weitere Informationen zum 53. Deutschen Historikertag finden Sie unter https://www.historikerverband.de//historikertag/53-deutscher-historikertag-2020.html.

Der VHD ist das Vertretungsorgan der deutschen Geschichtswissenschaft in der Öffentlichkeit. Kernaufgabe des VHD ist die Veranstaltung des Deutschen Historikertages – eine der größten geisteswissenschaftlichen Konferenzen Europas, zuletzt mit mehr als 4.000 Teilnehmern. Als Interessenvertretung setzt sich der Historikerverband in vielfältiger Weise für die Belange seiner Mitglieder ein und steht als Fachverband im ständigen Dialog mit Hochschulen, hochschulnahen Einrichtungen und der Gesellschaft. Der VHD hat zurzeit etwa 3.300 Mitglieder.

V.iS.d.P.: Prof. Dr. Eva Schlotheuber (Vorsitzende) / Prof. Dr. Johannes Paulmann (Schriftführer)